London 2016: Lust, Logistik & Leistung

 

Lust!London, aah! Golden Eye. Big Ben. Kosmopolitische Weltstadt und Austragungsort der Olympischen Spiele 2012. Sehnsuchtsort für uns Masters, nicht nur wegen Zaha Hadids fantastischer Wellen-Architektur des Bades, sondern natürlich wegen der Aura von Olympia und weil erstmalig die Masters EM direkt im Anschluss an die EM der Elite stattfinden sollte. Da wollten wir hin, da fieberten und trainierten wir hin, da investierten wir gerne in eine Reise ins teure London. Aber eben nicht nur wir und das machte aus Lust, der Begehrlichkeit und LEN gestalteten Rahmenbedingungen des Events schnell Frust.

Logistik. Oder besser: Logistikmarathon! Anfang Februar begann mit der Internet-Anmeldung eine Odyssee, die erst beim Verlassen des Aquatic Stadiums nach dem letzten Wettkampf endete. Warten, hoffen, drängeln und wieder von vorn. Wer glücklich 3 Startplätze ergattert und nicht frustriert zwischendrin das Handtuch geworfen hatte, der hatte als nächste Herausforderung das lange Anstehen vor der Akkreditierung zu meistern. Und danach die Jagd nach den Staffelbändchen sowie die Whats-app Koordination mit den Staffelmitgliedern. Wer offline war, war im Staffel-off. Der Start im Call-Room verlief weitestgehend organisiert und normal. Es wurde über Kopf gestartet und der ein oder andere war irritiert, dass schon auf den Block gepfiffen wurde, als Teilnehmer noch viele Meter zu schwimmen hatten. Das Timing war eng, denn es mussten z.B. ja 199 Läufe à 10 Bahnen 100 Freistil Männer bewältigt werden. Ausschwimmen, das war gar nicht erst vorgesehen.

Leistung?Leistung! Bei diesen Bedingungen war Leistung schwer. Stundenlanges Anstehen ohne langes Ein- und ohne Ausschwimmen, da war es schwierig das für viele lange und harte Training in Bestleistung umzumünzen. Im Pool 2, dem tageslichtfreien bunkerartigen als Wettkampfpool genutzter Einschwimmpool, gelang das kaum. Aber im Pool 1, dem offiziellen Olympiapool, lockte die Atmosphäre und deutlich bessere bzw. gute Bedingungen. Das nutzten insbesondere unsere jungen Teilnehmer und schwammen sogar deutsche Rekorde! Die AK120 Mixedstaffel  mit  Katja Otto, Veronika Ehrensbauer, Christoph Thade und Benno Hawe erkämpften den ersten Platz in neuem Deutschen Rekord von 1:52,03. Weiter erste Plätze erschwammen Veronika Ehrenbauer in 30,69 über 50m Rücken (Deutscher Rekord AK 25) und ebenfalls Deutscher Rekord die 50 m Schmetterling in 27,80 Sekunden. Benno Hawe erkämpfte eine Goldmedaille über 200m Brust in 2:19,91 und damit neuer Deutscher Rekord in der AK 30.

Lessons learned: Es gibt viele Gründe und Motivationen, bei einer EM zu schwimmen. Bei den einen geht es um sportliche Höchstleistungen und Medaillen. Bei den anderen um das Gefühl in einem solchen historischem Stadium zu schwimmen und diese Atmosphäre zu geniessen. Bei noch anderen, mit den Mannschaftskameraden zusammen zu sein, gerade wenn wie in München zahlreiche Vereinsmitglieder nicht regelmässig mit den Kollegen vor Ort trainieren können. Am Ende wurde London keiner der hier genannten Motivationen gerecht und viele reminiszierten über das gelungene Gross-Event in Eindhoven.

Dafür triumphierte ein weiteres Segment, das ja eigentlich bei einer Spitzenveranstaltung der europäischen Masters meiner Meinung nach nichts verloren hat: das der Breitensportler. Schwimmer, die eigentlich nur mal sagen wollen, dass sie bei einer EM dabei waren. Schwimmer, die selten trainieren und auch nicht wirklich schnell sind Liebe LEN, ich hoffe der Shitstorm auf vielen Kanälen zeigt seine Wirkung…

Dr. Christine Wichert